Glockenklang und Glockenbeanspruchung - experimentelle Untersuchung und numerische Simulation

  • Ansprechperson: Dipl.-Ing. Gunther Blankenhorn
    Dr.-Ing. Ingolf Müller
    Willi Wendler
    Prof. Dr.-Ing. Karl Schweizerhof
  • Projektgruppe: Gemeinschaftsprojekt mit der Glockengießerei Perner, Passau
  • Förderung: Karlsruher Universitätsgesellschaft e.V.
    Dynamore GmbH

Validierung numerischer Modelle einer Glocke

Projektbeschreibung

Glockenklang und Glockenbeanspruchung, experimentelle Untersuchungen und numerische Analysen

Glocken sind selbstverständlicher Bestandteil der europäischen Kultur. Seit Jahrhunderten werden sie zu sakralen Zweck in Form der Kirchenglocken, zu profanen Zwecken wie den Glockenspielen oder zum Zwecke der Gefahrenmeldung für Alarmsignale verwandt. Früh bildete sich hier ein Kunsthandwerk, das bis zum heutigen Tage meist über Generationen in Familienbetrieben weitergeführt wird. So werden die Rippenschablonen, die geometriegebende Elemente bei der Erstellung der Glockenform, von Generation zu Generation innerhalb dieser Familienbetriebe weitergegeben. Das allem Kunsthandwerk inne sitzende Streben nach Perfektion und ebenso der Wille zur Weiterentwicklung erfordert zur heutigen Zeit modernere Methoden zur Konstruktion und vor allem zur Abschätzung der Durabilitätseigenschaften, d.h. Möglichkeiten zur Prognose der Klangeigenschaften und Schäden während der Lebenszeit einer Glocke.

Ziel ist, hierfür ein realitätsnahes numerisches Analysemodell zu entwickeln, um die Klangeigenschaften der Glocke a piori zu untersuchen, insbesondere den Einfluss reichhaltiger Verzierungen, der in der Vergangenheit schon zu einigen Fehlgüssen geführt hat. Hier kann durch zu flächige oder zu dick aufgetragene Verzierungen eine Schwebung innerhalb des Teiltonaufbaues entstehen, die für das menschliche Ohr dissonant klingt. Des Weiteren werden immer wieder Schäden an Kirchenglocken beobachtet, insbesondere die Rissbildung durch Ermüdung, verursacht durch zu große Läutewinkel.

Um sowohl die klanggebenden Eigenschaften, wie auch die Beanspruchung durch Klöppelanschlag und die spätere Diskussion der Ermüdung anhand rechnerischer Analysen zu untersuchen, werden innerhalb dieses Projektes Modelle für die numerische Simulation erstellt und anhand experimenteller Untersuchungen validiert. Nur mit einer Validierung anhand umfangreicher experimenteller Daten kann im weiteren Verlauf der Untersuchungen die Prognosequalität der numerischen Modelle gesichert werden.

Für die experimentellen Untersuchungen und den Aufbau eines numerischen Modells sind ein Versuchskörper und dessen Geometrieerfassung notwendig. Gewählt wurde eine Kirchenglocke moderater Größe, die im schwingungstechnischen Labor des Institutes für Mechanik, Universität Karlsruhe (TH), mit Hilfe von piezo-elektrischen tri-axialen Beschleunigungsaufnehmern und numerischen Auswertealgorithmen auf ihre modalen Parameter hin untersucht wird. Hierbei sind insbesondere die Eigenfrequenzen und die Eigenschwingungsformen sowie die Dämpfungsparameter von Interesse. Diese dienen dann als Grundlage zur Modellanpassung zwischen experimenteller Untersuchung und numerischer Analyse. Die so gewonnenen Erkenntnisse bezüglich des Schwingungsverhaltens und der numerischen Modellierung erlauben eine Steigerung der Prognosequalität numerischer Analysen. Mit den so gewonnenen validierten numerischen Modellen werden Untersuchungen zu Schwingungsvorgängen und Schädigungen mit Hilfe der Rechnergestützten Mechanik durchgeführt, die das aufwändige „Trial and Error“ Verfahren auf dem Gebiet des Entwurfes und der Konstruktion von Glocken durch ein wirtschaftlich effizienteres Verfahren ersetzen kann.

Gefördert durch die Universitätsgesellschaft Karlsruhe, die DYNAmore GmbH, Stuttgart und die Glockengießerei Perner, Passau, wurde für die experimentellen Untersuchungen eine Kirchenglocke gegossen. In den Abbildung 1 und 2 wird der Glockenguss bei der Glockengießerei Perner in Passau und die Kirchenglocke im hölzernen Glockenstuhl am Institut für Mechanik (IFM) der Universität Karlsruhe (TH) gezeigt. Der Glockenstuhl wurde vom Lehrstuhl für Ingenieurholzbau der Universität Karlsruhe gefertigt und finanziert.

 

Glockenguss, Glockengießerei Perner, Passau, 30.Mai 2007

Abbildung 1: Glockenguss, Glockengießerei Perner, Passau, 30. Mai 2007

 

Glocke im Glockenstuhl im Labor des IFM

Abbildung 2: Glocke im Glockenstuhl im Labor des IFM

Für die numerischen Analysen werden die von der Firma messtronik erstellten digitalen Geometriemodelle aus einer Videovermessung der Glocke verwandt. Abbildung 3 drei zeigt dieses digitale Geometriemodell der Glocke und erstes daraus erstelltes einfaches Finite Elemente Modell zur Analyse der Eigenfrequenzen und Eigenformen, die dann anhand experimentellen Ergebnissen validiert werden.

 

Digitales GeometriemodelErgebnis der numerischen Analyse (1. Eigenmode) am einfachen Modell

Abbildung 3:  (links) und Ergebnis der numerischen Analyse (1. Eigenmode) am einfachen Modell (rechts).