Erstellung eines Finite Elemente Modells des Unterkiefers zur Ermittlung der unter funktionellen (und ggfs. dysfunktionellen) Belastungen auftretenden Deformationen sowie der Verschiebungen der Zähne
- contact:
M.Sc. Simon Martinez Choy
Dr. rer.nat. Jürgen Lenz
Prof. Dr.-Ing. Karl Schweizerhof - funding:
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BMWi, Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand ZIM, Kooperationsprojekt KF
Kurzbeschreibung und Zielstellung des gesamten Kooperationsvorhabens
Sowohl von Seiten des Patienten als auch des Behandlers sind die Anforderungen an einen funktionell einwandfreien, biokompatiblen und ästhetisch höchst befriedigenden Zahnersatz in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Herstellung von Zahnersatz ist eine große technische Herausforderung, da neben der Aufnahme und Verteilung der Kau- und Beißkräfte sowie der möglichst optimalen Okklusion der beiden Zahnreihen auch die Verformung der knöchernen Strukturen, insbesondere des Unterkiefers, berücksichtigt werden müsste. Während ein natürlicher Zahn aufgrund seiner parodontalen Verankerung im Ober- bzw. Unterkiefer die bei Kau- und Beißbewegungen des Unterkiefers auftretenden Kräfte zu großen Teilen „abfedern“ kann, leitet eine Zahnprothese diese fast ungedämpft in die Kieferknochen und Gelenke.
Diese „dynamischen“ Aspekte bezüglich der Wirkung von Beißkräften lassen sich bislang mit den üblichen Messsystemen nicht berücksichtigen. Die Muskelaktivitäten selbst lassen sich hingegen mittels Elektromyographie-Messungen mit auf der Haut über den Muskelbäuchen platzierten Oberflächenelektroden gut erfassen. Es fehlen jedoch bislang Messvorrichtungen, mit denen die individuellen Verformungen des Unterkiefers sowohl auf der Arbeits- als auch auf der Balanceseite sinnvoll registriert und quantifiziert werden können. Mit mechanischen Bewegungssimulatoren lassen sich solche zusätzlichen Informationen kaum erfassen; sie zeigen allenfalls auf, an welchen Stellen und in welchem Ausmaß zahnmedizinische Restaurationen wie Kronen, Brücken und Prothesen aufwendig nachkorrigiert und angepasst werden müssen.
Da die Zukunft sicher den sog. „virtuellen Artikulatoren“ gehört, bei denen die Zahnreihen in eingescannter Form im Computer verfügbar und auf dem Bildschirm sichtbar sein werden, können dynamische Bedingungen erstmals sinnvoll dargestellt und ihre Auswirkungen umgesetzt werden.
Es soll deswegen ein Messsystem auf Ultraschallbasis entwickelt werden, mit dem die Bewegungen der rechten und linken Unterkieferseite separat aufgezeichnet werden können. Damit ließe sich die Mobilität der Arbeits- gegenüber der Balanceseite unterscheiden und dieser Sachverhalt in ein Gesamtmodell zum dynamischen Verhalten des Unterkiefers einbeziehen.
Die Aufgabe des Instituts für Mechanik des KIT besteht dabei einerseits in der Erstellung eines Finite Element (FE) Modells des Unterkiefers zur Ermittlung der unter funktionellen (und ggf. dysfunktionellen) Belastungen auftretenden Deformationen und andererseits in der Modellierung der Zahnbeweglichkeit. Dieses Modell ist anhand von entsprechenden Experimenten zu validieren, wobei auf eine möglichst wirklichkeitsnahe Modellierung der Kiefermuskulatur sowie der Mobilität der Zähne zu achten ist. Zentral sind bei der folgenden Nutzung der FE-Modelle die Simulationen für unterschiedliche Zahnkontakte, die Möglichkeit zur schnellen Modellierung geometrisch unterschiedlicher (z.B. auch stark atrophierter) Unterkiefer sowie die Einbindung von Implantaten in den Zahnersatz.